Wolfgang Schmidt - wenn Hoffnungen enttäuscht werden
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Dr. Oquist und Wolfgang Schmidt, nach Besprechung des "inakzeptablen Verhaltens der nic. Regierung"
Der Volksmund, zumal der nicaraguensische, mag's auch mal etwas derber, deshalb sei mir der reißerische Aufmacher verziehen.. vom Volksmund vermutlich, Herr Schmidt wird das wohl eher nicht lustig finden?
Und der kann, konfrontiert mit seinem Verhalten gegenüber einem Repräsentanten der nicaraguensischen Diktatur, gegenüber den "lieben Freundinnen und Freunden des Nicaragua-Vereins" auch schon mal ungehalten reagieren: "ziemlich unverschämt" findet es Herr Schmidt, daß er fürs Posieren mit Herr Oquist und seine Haltung zur aktuellen Situation in Nicaragua kritisiert wurde. Wo er doch, wie allgemein (zumindest im Kreis des Nicaragua-Vereins) bekannt sein dürfte, "viele Jahre ehrenamtlich in der Solidarität tätig" war und dabei "intensiv an der Stärkung der Zivilgesellschaft im Rahmen der Städtepartnerschaft gearbeitet" hat.
Ich kenne Herrn Schmidt weder lange noch gut, kenne aber die "Zivilgesellschaft" in Nicaragua, die vor dem Ausbruch des Volksaufstands im April 2018 vor allem durch die Manipulation der öffentlichen Meinung und die gezielte Unterdrückung von oppositionellen Bestrebungen gekennzeichnet war. Der Basis der klassenversöhnlerischen Politik des Ortega-Murillo Regimes (dem Pakt zwischen Unternehmern, sandinistischer Gewerkschaft und Regierung) wurde ein ideologisches Potpourrie aus "sozialistischer" Phrasendrescherei, christlicher Nächstenliebe und esoterischer Mystik übergestülpt. Wer genauer hingesehen hat, konnte die Risse in der Zivilgesellschaft, die Sollbruchstellen des "friedlichen Paradieses unter Palmen" leicht ausmachen. Die Kämpfe der Ausgebeuteten und Unterdrückten in Nicaragua haben eine lange Tradition, sie lassen sich durch die Jahrhunderte und Jahrzehnte, also auch während der gesamten Zeit der politischen Machtausübung durch die FSLN, zurückverfolgen.
Die Sollbruchstelle einer kapitalistischen Gesellschaft ist der Interessengegensatz der miteinander agierenden und schließlich gegeneinander kämpfenden Klassen. Das sind vor allem die Kapitalisten und die Arbeiteklasse, aber auch die Bauern und sonstige Bevölkerungsgruppen, die sich ebenfalls dem Diktat des Kapitals unterordnen sollen, dies aber aus den ihrem Leben immanenten Bedingungen nicht können und irgendwann auch nicht mehr wollen.
Es ist doch kein Zufall, daß sich die Arbeiterklasse von Nicaragua wehrt gegen die mörderische Ausbeutung durch das Großkapital: die Hinterbliebenen der "Isla de viudas" haben ihren Protest in die Hauptstadt getragen, genauso entschlossen wie sich die Frauen der Mineros von "El Límon" zur Unterstützung des Streiks ihrer Männer den Aufstandsbekämpfungseinheiten Ortega's entgegengestellt haben. Die Bauern haben gegen ihre Enteignung und den Verkauf des Landes an einen chinesischen Imperialisten gekämpft, genauso wie sich die Jugend gegen die Ausplünderung der natürlichen Lebensgrundlagen gestellt hat. All das ist keine über Nacht hervorgetretene Überraschung, sondern Ausdruck der gesetzmäßigen Entwicklung des Befreiungskampfes des Volkes.
Wie hat Herr Schmidt diese fortschrittlichen Bewegungen der letzten Jahre, wie hat die SPD als Ganzes die Kämpfe gegen die sandinistische Unterdrückung des Befreiungskampfes seit dem Jahr 1980 unterstützt? Richtig, die SPD hat die FSLN weder militärisch noch politisch bekämpft, auch nicht, als deren antidemokratische Strukturen und kleinbürgerlich-kapitalische Ausrichtung offenkundig waren, also spätestens seit Beginn der 80er Jahre. "Stärkung der Zivilgesellschaft": das heißt Stärkung der Klassenzusammenarbeit und Unterdrückung der klassenkämpferischen Opposition, und das ist es, was die SPD sowohl hier als auch anerswo seit langem betreibt. Wird Zeit, daß wir damit Schluß machen, und daß die SPD endlich auf dem Müllhaufen der Geschichte landet.