Ein Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im dt. Bundestag wird auf der "KiTra"-Webseite hoffnungsvoll angekündigt, gleichzeitig werden aber auch Zweifel am Charakter dieser politischen Initiative ausgedrückt: "wars der Erfolg der letzten Wahl oder schlaegt eben doch noch ein bischen das Gewissen"?
Die Tatsache, daß die brutale Unterdrückung des Kampfes des nic. Volkes und die gravierenden Menschenrechtsverletzungen der Ortega-Murillo-Diktatur im dt. Bundestag zur Sprache kommen ist sicher zu begrüßen. Die parlamentarische Bühne könnte tatsächlich genutzt werden, den Kampf gegen die menschenverachtende Diktatur und hier in Deutschland den Kampf der in Hamburg lebenden nicaraguensischen Flüchtlinge zu unterstützen.
Doch die GRÜNEN beschränken sich im wesentlichen auf die Darstellung längst bekannter Fakten durch Aufzählung der verschiedenen Repressionsmaßnahmen. Ihre Schlußfolgerungen, die Forderungen an die Bundesregierung, sind getragen vom offensichtlichen Wunsch, den hier politisch verantwortlichen Unterstützern des nic. Terrorstaates nicht allzusehr auf die Füße zu treten. Das fängt schon an mit dem Titel des Antrages: "Nicaragua – Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen verurteilen, Friedensbemühungen unterstützen".
Welche "Friedensbemühungen" sollen denn unterstützt werden? Die nic. Diktatur sieht all ihre Aktivitäten, vom Aussenden der paramilitärischen Trupps, ihres Verbündeten im sakralen Gewand (Nuntius Sommertag) und der "zivilen Verhandlungsdelegation" als "Friedensbemühungen".
Auch die "Alianca Civica" (AC), ein Teil der nationalen Opposition, sieht ihre Gespräche mit der Diktatur so, auf ihrer Webseite heißt es u.a.: "Wir werden uns weiter zivil und friedlich einsetzen und bitten auf jede erdenkliche Weise, daß die Regierung unsere Forderungen nach Gerechtigkeit und Demokratie erfüllt." (eigene Übersetzung). Die AC kann nicht beanspruchen, für die Mehrheit des nic. Volkes zu sprechen, sie umfaßt nicht das breite Spektrum der Oppositionsbewegung. Es handelt sich vielmehr um einen Zusammenschluß unter Führung alter Seilschaften, die zum Teil über lange Jahre ein hervorragendes Auskommen hatten in ihrer Zusammenarbeit mit Ortega. Die AC wird dominiert von den diversen Unternehmensverbänden und -zusammenschlüssen in Nicaragua und vertritt im Kampf gegen die Diktatur vor allem die Interessen des Kapitals. Bereits im Vorfeld der Gespräche hatten sie weitgehende Bedingungen des Regimes von Ortega-Murillo akzeptiert, sie haben sich damit als „Vertreter der Opposition“ disqualifiziert und bei weiten Teilen der Bevölkerung jegliches Vertrauen verwirkt. Die AC hat eingewilligt, hinter verschlossenen Türen zu tagen und öffentliche Erklärungen nur zu den Punkten abzugeben, bei denen eine gemeinsame Einschätzung mit dem Diktator erreicht wurde, damit hatte das Regime schon vor Beginn der eigentlichen „Verhandlungen“ die Bedingungen geschaffen, um die Gespräche zur weiteren Manipulation der öffentlichen Meinung nutzen zu können.
Deshalb wird die AC von vielen der im Befreiungskampf Aktiven nicht als Vertretung angesehen. Sie lehnen jeglichen Kompromiß mit dem Diktator ab und setzen den Kampf zur Beseitigung der Diktatur innerhalb und außerhalb der Gefängnisse fort. Um diesen Kampf zu unterstützen, sind wir als Solidaritätsbewegung aufgerufen, den politischen wie wirtschaftlichen Druck auf die führenden Repräsentanten der Diktatur zu erhöhen. Und das muß auch die internationalen Unterstützer der Diktatur umfassen, dazu zählen auf bundesrepublikanischer Seite die Herren Maaß und Annen und als Vertreterin vor Ort die Botschafterin Frau König. Was sagen die GRÜNEN dazu, wie unterstützen sie den Kampf der nach Deutschland Geflüchteten, die in Hamburg ihr Recht auf politisches Asyl einfordern?
Bei den Forderungen der GRÜNEN finden wir beispielsweise, die Bundesregierung solle: "die Regierung Nicaraguas auf[zu]fordern, Fälle von Polizeigewalt, von Verfolgung von MenschenrechtsverteidigerInnen und Oppositionellen strafrechtlich auf[zu]klären..". Die Verantwortlichen für den Terror sollen also ihre eigenen Taten untersuchen und sich selbst juristisch zur Rechenschaft ziehen - wie realistisch ist so eine Forderung?
Weiter wird gefordert, die Bundesregierung solle: "sich für faire rechtsstaatliche Verfahren für alle politischen Gefangengenen in Nicaragua bzw. für eine rasche Freilassung unrechtmäßig Inhaftierter und politischer Gefangener ein[zu]setzen". Hier kommt ihre Formulierungskunst schon arg ins Schleudern, wenn die GRÜNEN auf der einen Seite "faire" Gerichtsverfahren für die ohne jede Rechtsgrundlage von den paramilitärischen Banden des Terrorregimes entführten und in den Folterkellern Festgehaltenen verlangen. Irgendwie scheint ihnen das selbst aufgefallen zu sein, denn von "allen politischen Gefangenen" sollen im Nachsatz aber diejenigen, die unrechtmäßig inhaftiert wurden "rasch freigelassen" werden! Die Forderung der überwältigenden Mehrheit des nic. Volkes ist aber die Forderung nach der sofortigen Freilassung aller politischen Gefangenen und der vollständigen Annulierung aller Verfahren einschließlich der erfolgten Verurteilungen, da sie vom Terrorregime aus politischen Motiven konstruiert wurden.
Die Flüchtlinge in der BRD werden im Schreiben nicht einmal erwähnt, es sollen lediglich "Mittel für den Schutz und die Versorgung der Geflüchteten in den Nachbarländern zur Verfügung" gestellt werden!
Absurd wird es dann mit der letzten Forderung, mit der sichergestellt werden soll, daß "die Deutsche Botschaft dem Kontakt mit zivilgesellschaftlichen Organisationen hohe Priorität einräumt und insbesondere die Menschrechtsverteidigerinnen und -verteidiger in regelmäßigen Abständen persönlich trifft"!
Die dt. Botschaft, in Person von Frau König, hat sich eindeutig, u.a. in einer Videobotschaft an das nicaraguensische Volk, für die Positionen des Regimes ausgesprochen. Wenn sich die Botschafterin nun vermehrt mit Oppositionsvertretern trifft, wie bitteschön soll das der Unterstützung des Kampfes dienen? Würde sie nicht auch auf diesem Wege ihre Position zur Zersetzung der Kampfmoral nutzen, ähnlich wie das der Nuntius Sommertag bei seinem Besuch von gefangenen Frauen im Gefängnis versucht hat?
Was sind also die Gründe für diesen Antrag der GRÜNEN an das dt. Parlament? Regt sich da soetwas wie ein politisches Gewissen, wie das eingangs erwähnt wurde? Spekulationen bringen da wenig. Tatsache ist aber, daß die GRÜNEN, unabhängig von ihrem früheren Anspruch einer "politischen Alternative" eine Monopolpartei sind, die in der Regierungsverantwortung auf allen Ebenen hinlänglich bewiesen haben, daß sie alle volksfeindlichen Vorhaben bis hin zu Kriegseinsätzen mittragen. Wer sich für die Hintergründe interessiert, dem empfehle ich das Buch "Abschied von den Grünen" von Peter Borgwardt, erschienen 1988 im Verlag Neuer Weg.
Michael Brüning, 13.06.2019
Antrag der GRÜNEN:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/106/1910634.pdf
Artikel auf KiTra-KinderTräume:
http://kitra-kindertraeume.org/weht-da-etwa-ein-neuer-wind/
Videos der dt. Botschaft in Managua:
https://www.facebook.com/AlemaniaEnNicaragua/videos/592510037935928/
Buch: Abschied von den GRÜNEN
https://www.people-to-people.de/buecher-medien/sachbuecher/umwelt-wissenschaft/92/abschied-von-den-gruenen